Nach einer 4 Stunden Fahrt von Hà Nội nach Hạ Long, hüpfe ich aus dem Bus und mache mich auf den Weg zum Hotel. Wenig später stehe ich an der Rezeption und werde begrüßt. Mein Zimmer ist hell, sauber und hat sogar einen Balkon. Nachdem alle meine Sachen verstaut sind, meldet sich mein Magen und mir wird bewusst, dass ich noch kein Mittag hatte.
Ich suche mir ein Restaurant aus, in dem mehrere Familien sitzen und essen. Als ich mich an einen leeren Tisch setze, bemerke ich, dass alle Augen auf mich gerichtet sind und mir einige Kinder lächelnd zuwinken. Ich winke zurück. Die Bedienung kommt, drückt mir eine Menükarte in die Hand und wartet direkt neben mir bis ich bestellen möchte. Nach und nach trauen sich die Kinder näher zu kommen und plötzlich bin ich umstellt. Eines legt mir sogar den Arm um die Schultern und als wäre das nicht genug, drückt mir eine Mutter ihr Baby in die Arme und macht ein Foto. Dann beruhigt sich alles wieder und ich scheine nicht mehr interessant zu sein. Naja, die Bedienung steht immer noch neben mir und fängt nun an für mich in der Karte zu blättern. Ich versuche zu erklären, dass ich kein Fleisch esse und bin nach 5 Minuten wilder Gestikulationen guter Hoffnung, als ich in Ihrem Gesicht sowas wie eine Erleuchtung sehe. Tatsächlich bekomme ich ein vegetarisches Gericht und lasse es mir schmecken. Nach und nach leert sich das Restaurant und ich sitze irgendwann alleine da. Ein älterer Mann kommt aus der Küche, sieht mich und rennt aufgeregt wieder zurück. Sekunden später steht er mit der Bedienung vor mir und zeigt abwechselnd auf mich und auf, ich nehme mal an, seine Tochter. Es macht „Klick“ in meinem Kopf und ich muss lächeln. Seine Tochter, die mich garantiert nicht heiraten möchte, schaut peinlich berührt zu Boden. Um der Situation zu entfliehen bedanke ich mich, bezahle das Essen und lasse die Beiden zurück.
Am nächsten Tag mache ich mich auf den Weg zur Bãi Cháy Bridge. Hạ Long besteht aus 2 Halbinseln, die diese Brücke miteinander verbindet. Aktuell bin ich in Bãi Cháy und stehe direkt unter der Brücke. „Irgendwie muss ich da hoch“, denke ich, sehe einen alten Turm, der bis zur Brücke hochreicht und stehe dann vor einem Fahrstuhl. Da das Gebäude nicht gerade einen „sicheren“ Eindruck macht, lasse ich den Fahrstuhl in Ruhe und nehme die Treppen. 10 Stockwerke später habe ich einen wunderbaren Ausblick. Ich schlendere ein wenig weiter und stehe 2 Stunden später vor ein paar Treppen, die zum Berg „Bai Tho“ hochführen. Die Hitze ist unerträglich. Obwohl der Himmel bewölkt ist, tropft mir ununterbrochen der Schweiß vom Bart. Ich kaufe mir noch ein Wasser und beginne mit dem Aufstieg. Immer wieder gönne ich mir eine Pause zum verschnaufen und merke, dass meine Kondition komplett im Arsch ist. Zeit mal wieder ein bisschen Sport zu treiben. Dann endlich erreiche ich die Spitze und bin überwältig. Ich setze mich auf einen Stein und betrachte die Schönheit der Natur. Dann fällt mir ein, dass ich meine 360Grad-Kamera nicht dabei habe und beschließe am nächsten Tag wiederzukommen. Eine ganze zeitlang sitze ich da oben und es macht mich traurig, dass ich diesen Moment nicht mit Jana teil kann.
Mit dem Bus geht es dann zurück nach Bãi Cháy, denn ich habe keine Lust den ganzen Weg wieder zurückzulaufen. Abends sitze ich in einem überfüllten Restaurant und trinke in lustiger Runde mit 4 Einheimischen lokales Bier vom Faß. Das Bier kommt in 1,5 Litern Plastikbechern und ist schal und abgestanden. Kein Wunder, denn die beiden Mädels an den Zapfhähnen kippen ununterbrochen das Bier von einem Plastikbecher in den nächsten und kämpfen mit dem vielen Bierschaum. Ich muss lachen und beobachte verträumt noch ein Weilchen die Schaumschlacht. Dann werde ich ein wenig brutal zur Seite gerissen und sehe, dass der Typ neben mir sein Handy für ein Selfie positioniert hat. Sekunden später lande ich auf seinem Facebook-Profil. Während er das Bild gepostet hat, habe ich ihn beobachtet und bemerkt, dass auf seinem Handy dutzende Penis-Fotos sind. Entweder hat er eine Schwäche fürs gleiche Geschlecht oder er liebt seinen Penis so sehr, dass er ihn ständig in jeder erdenklichen Art und Weise fotografieren muss.
Ich liege im Bett und habe irgendwie keine Lust bei der Hitze irgendetwas zu unternehmen. So um 11 Uhr schiebe ich die schweren Vorhänge zur Seite, schaue aus dem Fenster und bemerke, dass heute mal die Sonne scheint. Wow, das erste mal seit einer Woche sehe ich teilweise blauen Himmel. Die Gelegenheit ist günstig und ich leihe mir einen Motorroller aus. Dann fahre ich direkt zum „Bai Tho“ und merke, dass es eigentlich keine gute Idee ist. Schon nach wenigen Metern hängen meine Klamotten, von Schweiß getränkt, wie Blei von meinem Körper und erschweren jeden Schritt. Dennoch schaffe ich es und stehe erneut oben auf der Spitze. Alleine. Ich habe den ganzen Berg für mich.
Jetzt brauche ich erstmal einen Kaffee. Im Urban Coffee frage ich nach Soja- oder Kokosmilch und merke, dass alle 4 Personen hinter dem Tresen ein Fragezeichen im Gesicht haben. Es ist immer wieder das gleiche Problem, wenn man keine Kuhmilch trinkt. Aber gut, ich versuche nochmal etwas deutlicher „Coconut“ zu sagen, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand dieses Wort nicht versteht. Als der eine Typ dann „Aha“ von sich gibt und zum Kühlschrank läuft, atme ich auf. Freudig präsentiert er mir dann eine Dose Cola. Naja, „Coconut“ und „Coca-Cola“ ist schon irgendwie ählich. Ich muss lachen und habe eine Idee. Nachdem ich mich in das Wifi geloggt habe, öffne ich den Google Übersetzer, lass mir „Sojamilch oder Kokosmilch“ ins vietnamesische übersetzen und zeige es allen 4 Personen. Jetzt endlich ist es angekommen und ich bestelle einen Cappuccino mit Kokosmilch. Während ich auf mein Getränk warte, habe ich das Gefühl etwas vergessen zu haben. Dann stellt mir der Typ ein halbvolles Glas Kaffee mit Eiswürfeln, in dem Kokosfettschlusen herumschwimmen, auf den Tisch. Na wunderbar, denke ich und überwinde mich einen Schluck zu probieren. Als die Lastwagenladung Zucker auf meine Geschmacksknospen einprügelt, weiß ich was ich vergessen habe. Ich wollte einen HEIßEN Cappuccino OHNE Zucker. Enttäuschend lasse ich die kalte Zuckerbrühe stehen und verlasse das Café mit dem Gedanken „Hier kommst du nicht noch mal her“.
Bis bald,
Flow
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